Initiative will Firmenchefs helfen, mit den Belastungen durch die Corona-Krise umzugehen- Es geht auch um Existenzängste
Von Anne Holbach
KIEL. Freitag, 22 Mai 2020. Die Initiative „Offenes Ohr für Unternehmen in Schleswig-Holstein“ will Firmen bei ihren Corona-Nöten zuhören und bietet ihnen kostenlose Beratung am Telefon oder per Videokonferenz an. Dahinter stecken sechs Coaches aus dem Land.
„Ich habe überlegt, was kann ich machen?“, erzählt Victor Rochow, der die Idee für die Initiative hatte. Er berät normalerweise vor allem Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Mit der Schliessung von Schulen und Kitas fielen innerhalb von wenigen Tagen seine Projekte weg. „Und dann dachte ich, wir Coaches haben doch gerade jetzt etwas zu geben-nämlich ein Ohr für die Probleme der Menschen.“ Er habe sich daraufhin mit einigen anderen Beratern ausgetauscht und sofort Mitstreiter gefunden. Über Nacht habe Sven Jessen, der als Trainer für gewaltfreie Kommunikation mit an Bord ist, eine Webseite für die Initiative aufgesetzt. Unterstützung erhält die Gruppe auch aus der Kiel-Region.
Auf der Webseite offenes-ohr-sh.de können sich interessierte Unternehmer einen Ansprechpartner aussuchen und per Mail oder telefonisch einen Gesprächstermin vereinbaren. Die Berater sind täglich von 10-17 Uhr erreichbar. Das Projekt lauf ehrenamtlich, betont Rochow. „Wir machen das nicht, um etws zu verkaufen.“
Nach gut drei Wochen haben die Coaches die ersten Beratungen hinter sich. „Oft geht es erst mal um sachliche Themen wie Förderrungen. Aber wenn wir die Unternehmer fragen, wie es ihnen eigentlich geht, dann kommen viele andere Sorgen zum Vorschein“, so Rochow.
Die eigenen Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken, sei für viele befremdlich gewesen. „Viele machen sich Sorgen, wie Sie ihre Mitarbeiter halten können. Manchmal macht es zu schaffen, dass sich der Büroalltag aufgelöst hat, weil viele Leute im Homeoffice sind und Arbeitsprozesse auf den Kopf gestellt sind.“ Es gehe aber auch um Existenzängste und deren Auswirkungen auf das familiäre Zusammenleben. Bislang seien es vor allem die Chefs von kleineren und mittleren Unternehmen gewesen, die sich bei der Initiative gemeldet hätten. „In vielen kleinen Unternehmen ist der Chef alles: zahlender Arbeitgeber, der Vorgesetzte, der den Weg vorgibt und die Vertrauensperson für Probleme“, sagt Rochow.
Die Berater wollen Unternehmen mit einem Blick von außen dabei unterstützen, mit den Belastungen durch Corona umzugehen. Victor Rochow streicht heraus: „Ein neutraler Außenstehender kann dabei helfen, sich zu sortieren und vom Panikmodus in einen anderen Modus umzuschalten.“